Aus dem Inhalt:
Kurzvorstellung Jürgen Eiselt – Energiewender mit Leidenschaft
eccuro: Hallo Herr Eiselt, bitte stellen Sie doch kurz vor!
Jürgen Eiselt: Als ausgebildeter Projektmanager für erneuerbare Energien arbeitete ich als angestellter Energiewendeberater und Fach-Referent in Hessen und NRW, selbstständig im Photovoltaikvertrieb sowie ehrenamtlich für die gemeinnützige Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).
Meine Energiefachbücher „Dezentrale Energiewende“ und „Optimal Energie sparen beim Bauen, Wohnen und Sanieren“ erreichten mehrfach Platz 1 bei einem internationalen Versandbuchhändler (u. a. im Bereich Facility Management).
In Onlineblogs, Foren, Videoplattformen und Print-Tageszeitungen publiziere ich zahlreiche Energie-Fachartikel und Beiträge, u.a. Gastbeiträge in der Frankfurter Rundschau.
Mit einer schnelleren und dynamischeren Energiewende beim Strom, Heizen und im Verkehr wächst der Druck auf die Gegner. Dafür trete ich in verschiedenen politischen, gemeinnützigen und wirtschaftlichen Organisationen, teilweise im Vorstand, energisch ein.
Im sozialen Ehrenamt berührt mich die immer größer werdende Energiearmut. Wir sind mehrere Netzwerker und suche Gleichgesinnte, um gegen diese unsoziale Entwicklung vorzugehen. Gerade im Mieterbereich setzen wir bereits neue Lösungen um.
Der richtige Einstieg in die energetische Sanierung
eccuro: Bei einer Sanierung stehen sich häufig verschiedenste Ansätze gegenüber. Sollen kaputte Geräte einfach ausgetauscht werden? Soll doch gleich das ganze Haus überholt werden? Wie helfen Sie Ihren Kunden dabei von vornherein den richtigen Weg einzuschlagen?
Jürgen Eiselt: Zunächst einmal sollte der Energiekunde im Mittelpunkt stehen. Eine ganzheitliche Betrachtung, wie beim DBU-Konzept ist sicher ein richtiger Ansatz.
So könnte die wirtschaftlichste Lösung ein hydraulischer Abgleich sein, oder Rauswurf eines defekten / energiefressenden Gerätes - Beispiel: Nachtspeicheröfen (auch bei Mieter) oder Zusatzelemente zu einer bestehenden Solaranlage installieren.
Die Spanne der Einspartechniken reicht von programmierbaren Heizkörperventilen über Stromspeicher, Wärmewellenheizungen bis zum Wärmepufferspeicher.
Eine komplette Haussanierung würde wahrscheinlich bei einer umfangreichen Wirtschaftlichkeitsanalyse meist nicht in Frage kommen. Denn wenn die Gesamteinsparung mit regenerativen Kombinationsanlagen beispielsweise 75% beträgt, lohnt es sich meist nicht, nochmals eine 5-stellige Summe aufzubringen, um 50 € / Jahr zu sparen oder gar komplett energieautark zu werden.
Optimale Einsparmaßnahmen sind am besten mit dem Einsatz einer professionellen Energieeinsparprognose-Software nachzuweisen.
Anhand individueller Daten werden alle wichtigen Einsparmethoden analysiert und die wirtschaftlich optimalsten Lösungen ausgegeben. Unsinnige oder gesundheitlich/finanziell riskante Maßnahmen scheiden von Anfang an aus.
Daher kommt es schneller zu einer Sanierungsentscheidung = Kunde gibt den Auftrag für eine Projektierung. Geeignete Handwerker / Lieferanten / ggf. weitere zertifizierte Energieberater / Architekten und Finanzierungsmethoden sind dann vorselektiert.
Das bedeutet, ALLE Beteiligten konzentrieren sich auf den Kundenwunsch, der zugleich die optimalsten Einsparquoten an Kosten und Schadstoffe garantiert. Nach der Installation erfolgt eine Nachkontrolle für statistische Zwecke und vor allem, um weitere Empfehlungen zu erhalten.
Das passende Konzept für Haus und Nutzer
eccuro: Wurden die größten Potentiale identifiziert, ist es wichtig ein Konzept zu finden, das sowohl zum Haus als auch zum Nutzer passt. Neue Technologien eröffnen dabei völlig neue Wege. Neben der Betrachtung einzelner Heizungsarten, gibt es verschiedene Hybrid-Modelle, die mit einem hohen Anteil regenerativer Energien, hohen Komfort und Sicherheit garantieren. Gibt es Konzepte, die aus Ihrer Erfahrung besonders hohe Einsparungen gewährleisten?
Jürgen Eiselt: Drei gravierende Änderungen verändern die zukünftigen Energieberatungsstrukturen:
- Strom und Heizung werden immer zusammen berechnet. Maßnahmen, die nur fossile Brennstoffe einsparen, scheiden aus. Gerade die viel beworbenen Maßnahmen wie Umstieg auf Brennwerttechnik oder eine Außenwandvolldämmung sparen kein Watt Strom ein. Schon nach wenigen Jahren bezahlen die Heizungsbetreiber mehr für Energie, als vor der „Sanierung“.
- Ebenfalls wichtig ist die Tatsache, dass eine Investitionssumme nur einmal aufgebracht und ausgegeben werden kann. Daher bietet sich ein Vergleich aller Einsparmethoden in Bezug auf Kosten, Prozentanteile und Wirtschaftlichkeit in Bezug auf die Investitionssumme an.
Technisch ausgereifte und wirtschaftlich attraktive Kombinationstechniken bestehen vor allem aus Photovoltaik (Dach, Fassade oder Balkon) mit einem angepassten und finanzierbaren Stromspeicher. Weiterhin verringert eine Solarthermieanlage für Warmwasser / Heizung und gleichzeitig einem Wärmepufferspeicher mit elektrischem Heizstab die Heizungskosten.
Eine konventionelle Heizung ohne Pufferspeicher taktet bei jeder Wärmeanforderung aus Warmwasserhähnen oder der Heizung. Wenn ein Wärmepufferspeicher mit elektrischem Heizstab dazwischen geschaltet wird, dreht sich der Fremdstromzähler eben weniger oder gar nicht. Im Winter kann eine Kleinwindanlage den Ökostromanteil zusätzlich erhöhen.
Das Gleiche gilt für eine Wärmepumpe, die ebenfalls fossile Brennstoffe bis zu 100% ersetzt und längst sowohl in der Anschaffung als auch mit Wärmepumpentarife finanzierbar ist.
Aufgrund geringer Anschaffungskosten und extrem niedrigen Stromverbrauchswerte bestehen die wirtschaftlich effektivsten Sanierungen aus Photovoltaik/Kleinwindanlagen plus Stromspeicher, Wärmepumpe/Solarthermie für Warmwasser und Wärmewellenheizungen.
- Für eine Erhöhung der Sanierungsquote im Bestand, möglichst mit regenerativen Energien, ist der bisheriger technische Beratungsansatz durch kundenorientierte Energiewendeberatung zu ersetzen.
Gesamt-Einsparquoten um 80% oder höher sind keine Seltenheit. Zusatzstrom für Wärmepumpe, elektrischem Heizstab oder Wärmewellenheizung ist hierbei schon eingerechnet.
Vor allem wirkt sich der fast immer zu 100% erfolgte Ersatz fossiler Brennstoffe extrem positiv aus, da durchschnittlich 70% der gesamten Energiekosten eines Wohnhauses/aller Wohnungsräume durch Heizung entstehen. Bewohner von Eigentum- oder Mietwohnungen mussten bisher eine komplette Abhängigkeit der Fremdenergieanbieter ertragen. Falls möglich, senken PV-Module am Balkon oder der Fassade die Stromkosten.
Wärmewellenheizungen arbeiten hoch effektiv und ersetzen fast immer klassische Heizungen nach dem thermodynamischen Prinzip, zu denen auch Nachtspeicheröfen gehören.
Die Auswahl der Produkte, vor allem im Kombinationsbetrieb, sollte vom Experten geplant werden. Vor Schnellkäufen aus dem Baumarkt und Eigeninstallation wird dringend abgeraten.
Die richtigen Berater finden
eccuro: Ein entscheidender Punkt für die Qualität und die Zufriedenheit mit dem Sanierungsergebnis ist die Kompetenz der Berater. Gibt es Standards oder Kennzeichen, an denen interessierte Hausbesitzer einen guten Energieberater erkennen?
Jürgen Eiselt: Die Stiftung Warentest hat Energieberatungen getestet. Das Ergebnis war katastrophal.
Fachliche Inkompetenz, keine Ablaufstrukturen, fehlende Vorbereitung, ohne unterstützende Software, falsche Sanierungs-Empfehlungen und unterlassene Nachfragen der Kundenwünsche sind zumindest beim Beratungstest negativ aufgefallen.
Fast alle Warentest-Beratungen waren völlig überteuert und nutzlos für Verbraucher. Dies dürften auch die Hauptgründe sein, warum beim Test keine Sanierungsentscheidung getroffen wurden und dies in Deutschland wohl ähnlich aussieht.
Ein guter Energieberater geht auf die Kundenwünsche beim ersten persönlichen Kontakt konkret ein und vermeidet Fachchinesisch (wie dies beim Test der Stiftung Warentest fast immer vorgekommen ist).
Endenergienutzer sind oft Laien und verstehen meist nur:
wieviel Geld spare ich in welchem Zeitraum und wann ist die Investition bezahlt?
Standards- und Kennzeichen eines guten Energieberaters sind:
- Strom und Heizung IMMER zusammen berechnen. Hierbei sollte immer maximale Einsparung der fossilen Brennstoffe angestrebt werden
- gute Vorbereitung, möglichst mit Erfassungsbogen und einer Einsparprognosesoftware
- absolut strukturiertes Vorgehen in richtiger Reihenfolge
- alle Gewerke und alle wichtigen Einsparmethoden sind ausführlich zu analysieren.
- kundenorientierte Vorgespräche inklusive Detailaufnahme von Verbrauchs- und Gebäudedaten
- keine Konzentration auf nur eine Einsparmethode / Dienstleistung
- zielorientierte Vorstellung der potentiellen Einspar-Maßnahmen inklusive Finanzierung (Beispiel Crowdfunding) mit dem Hauptziel: Sanierungsentscheidung des Energienutzers
- Hilfe bei der Auswahl der Handwerker / Lieferanten / Projektierer / Architekten / zusätzlich benötige Experten
- Sanierungsfahrplan aufstellen, u.a. Auswahl zusätzlicher (zertifizierte) Energieberater für Förderanträge / Energieausweisausstellung – wichtig: nach der Sanierungsentscheidung.
- Betreuung während und nach der Installation der Maßnahmen
- Kenndaten:
- Eine optimale Vor-Ort-Beratungsdauer (vor der Sanierungsentscheidung) beträgt durchschnittlich: 3,7 h
- mehr als 2 Besuche vor der Sanierungsentscheidung sind meist unnötig.
- die Energieberater Kosten für eine Erstberatung liegen bei ca. 290 € inkl. MwSt.
Ein wesentlicher Vorteil dieser strukturierten Energieberatung besteht darin, dass sich jeder Energieberater/Experte auf die bereits vorausgewählten Methode/Maßnahmen konzentrieren kann und wertvolle Erst-Beratungszeit nicht mit Administration oder gar doppelten Berechnungen für nicht in Frage kommende Maßnahmen verliert.
Damit erhöht sich die Chance auf eine positive Sanierungsentscheidung = Umsatz für ihn selbst durch einen Projektierungsauftrag sowie Lieferanten / Hersteller erheblich.
Somit entstehen erst gar keine Kundenverwirrung, unnötiger Ballast, oder negative Situationen, die eine Sanierungsentscheidung eher blockieren.
Wir bedanken uns recht herzlich bei Jürgen Eiselt für die wertvollen Informationen rund um die Themen Energieberatung und energetische Sanierung!
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