Desinvestition gegen den Klimawandel

Divestment (oder Desinvestition) ist das Gegenteil von einer Investition - es bedeutet, Aktien, Anleihen oder Investmentfonds abzustoßen, welche unethisch oder moralisch zweifelhaft sind. Die Divestment-Bewegung gibt es in 60 Ländern der Welt. Ihre Aktivisten versuchen, Investitionen aus unethischen Industrien unter dem Aspekt des Klima- und Umweltschutzes abzuziehen. So nutzt die Bewegung die Struktur der Wirtschaft, um den Klimawandel zu bekämpfen.
Die Verabschiedung des Pariser Abkommens zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen und zur Förderung einer klimafreundlichen Entwicklung war ein essentieller Moment für den Klimawandel. Sie hat die Divestmentbewegung zu einem wesentlichen Instrument zur Erreichung internationaler Ziele gemacht. Das Abkommen hat das Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf weit unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten und die Temperaturerhöhung auf 1,5 °C zu begrenzen.

Laut einer Veröffentlichung im Nature-Magazin von 2015, sollen weltweit ein Drittel der Ölreserven, die Hälfte der Gasreserven und über 80 Prozent der aktuellen Kohlereserven nicht genutzt werden, um das UN-Ziel von 2 °C Erwärmung einzuhalten.

Die fossile Divestmentbewegung zielt auf die Brennstoffindustrie als Verantwortliche für den Klimawandel ab. Es ist die am schnellsten wachsende Divestmentkampagne in der Geschichte. Bisherige Divestmentkampagnen zielten beispielsweise auf die Tabak- und Glücksspielindustrie oder Unternehmen, welche die Gewalt in Darfur finanzierten ab. Eines des berühmtesten Beispiele für Divestment ist ihr Einsatz gegen die Apartheid in Südafrika.

Der Wert der Investmentfonds, welche ohne fossile Brennstoffe in ihrem Portfolio auskommen, ist 2016 auf 5,2 Billionen Dollar gestiegen und hat sich damit in knapp einem Jahr verdoppelt. Die Divestmentkampagne begann mit Universitäten im Jahr 2011. Die Desinvestition hat mittlerweile jeden Sektor der Gesellschaft durchdrungen: von Pensionskassen über philanthropische, soziale und kulturelle Institutionen bis hin zu Städten, Glaubensgruppen, Versicherungsgesellschaften und mehr. Als Alternative zu Investition in fossile Brennstoffe schlagen normalerweise Divestmentsanhänger vor, die abgezogenen Gelder wieder in erneuerbare Energie zu investieren.

Fossilen Brennstoffe im Boden zu lassen

Ein Bericht der Arabella Beratungsgesellschaft für Philanthropie stellte 2016 fest, dass sich 688 Institutionen und mehr als 58.000 Personen in 76 Ländern nun zum Divestment bekennen, darunter auch große Finanzinstitute wie der weltgrößte Staatsfonds, der im Besitz von Norwegen, Allianz und Aegon ist.

Die Kampagne hatte im Herbst 2010 am Swarthmore College angefangen. Seitdem haben zahlreiche Universitäten wie Stanford, Glasgow und Stockholm ihre Mitwirkung erklärt. Mehrere nordamerikanische und europäische Städte wie Kopenhagen, Oslo und San Francisco haben ihre Gelder bereits abgezogen. In Deutschland haben Berlin und Stuttgart 2016 ähnliche Entscheidungen getroffen. Stiftungen wie Rockefeller und Wallace Global haben sich bereits 2014 zum Divestment verpflichtet.
Kritiker führen an, dass Divestment aufgrund der gegenwärtigen Abhängigkeit der Welt von fossilen Brennstoffen unwirksam sei. Weiterhin könnten die Aktien weiterverkauft werden. Bill Gates nannte fossile Treibstoffveräußerungen eine "falsche Lösung". Immerhin hat die 40 Mrd. Dollar schwere Bill und Melinda Gates Stiftung 85% ihrer fossilen Treibstoffinvestitionen verkauft.
Laut einer Oxford Studie sind direkte Auswirkungen von Fossil-Industrie-Divestment auf Eigenkapital oder Schulden überschaubar. Dieser Effekt sei auf die Kohlebewertungen wahrscheinlich größer, da Kohlebestände weniger liquide und alternative Anleger nicht so leicht wie im Öl- und Gassektor zu finden sind. Die Studie nennt allerdings einige indirekte Wirkungen der Bewegung: Die Divestmentskampagne werde wahrscheinlich zu einer Änderung der Marktnormen führen. Zum Beispiel werden negative Aktienmarktanalysen oder passive Fonds, welche fossile Brennstoffe ausschließen, schnell entstehen. Einige Banken, insbesondere multilaterale Institutionen wie die Weltbank, können die Kreditvergabe an fossile Brennstoffunternehmen, insbesondere Kohle, stoppen.

"Das Effekt auf Kohlebewertungen ist größer" - Ein Braunkohlekraftwerk in Berlin Rummelsburg. Bild:Ilya Sogolov - Eccuro.com

Die Studie verstärkt diese Hoffnungen und besagt, dass auch wenn die direkten Auswirkungen der Veräußerungsabflüsse kurzfristig begrenzt sind, werden die Kampagnen dazu führen, dass Investoren ihre Erwartungen an die Netto-Cashflows der fossilen Brennstoffe langfristig senken. Was wiederum zu einer wirtschaftlichen sowie legislativen Unsicherheit über die Zukunft der fossilen Brennstoffindustrie und damit auch zu Wertverlusten bei den Aktien führen kann.

Divestment kann sich lohnen

Wichtige Finanzinstitute wie HSBC, Citi, Goldman Sachs und Standard & Poor's haben alle vor den Risiken von Investition in fossilen Treibstoffanlagen, insbesondere Kohle, gewarnt. Der Präsident der Weltbank, Jim Yong Kim, hat sich unterstützend zu Divestment geäußert: "Unternehmen, Investoren und Banken, die neue und bestehende Investitionen in Hinblick auf das Klimarisiko analysieren oder hinterfragen, verhalten sich einfach pragmatisch". Weiterhin hat er gewarnt, dass viele fossile Treibstoffreserven durch Maßnahmen zum Klimawandel wertlos bleiben könnten. Wenn der Rückzug aus fossilen Brennstoffen nicht in einer allmählichen und geplanten Weise geschieht, könnten Investoren Billionen von Dollar verlieren, wenn die "Kohlenstoffblase" platzt.

Da Kohleverbrennung die größte Emissionsmenge produziert, differenzieren manche zwischen den Energiequellen beim Abzug der Gelder und legen den Schwerpunkt auf diesen Brennstoff. Mehrere Institutionen haben dieses Prinzip in ihren Divestmentsentscheidungen integriert. Stanford Universität in den USA und der London School of Hygiene and Tropical Medicine haben Investitionen nur aus Kohle weggenommen, während die Church of England angegeben hat, Kohle und Öl zu desinvestieren, auf der Grundlage, dass diese Kraftstoffe die CO2 Emissionen am stärksten vorantreiben. Jamie Henn, Mitglied des Klimaschutzbündnis 350.org, agumentiert dafür, dass Institutionen ihre Investitionen auch von Öl und Gas abziehen: "Keiner dieser Treibstoffe ist mit einer lebenswerten Zukunft kompatibel. Kohle ist ein leichtes Ziel. Die meisten Kohle-Industrie-Aktien sind so niedrig, dass es sich nicht mehr lohnt diese zu halten. Desinvestition macht einfach Sinn. Allerdings haben die Abzugsverpflichtungen immer noch einen großen Einfluss, da sie den Niedergang der Branche beschleunigen und den Regierungen helfen, Maßnahmen zu ergreifen. [...] Kohle leistet den größte Beitrag zum Klimawandel und der Verschmutzung, aber es ist die Ölindustrie, welche am meisten unsere Politik korrumpiert. Sie sind die großen Machtspieler, die wir stigmatisieren müssen, um Raum für Fortschritt zu schaffen", sagt er.

Jeder kann mitmachen

Wenn Sie in einer Organisation beteiligt sind, die Divestment erwägt, sollten zuerst Ihre Investitionsberater konsultieren.
Ein gemeinsamer erster Schritt ist es, alle neuen Investitionen in fossilen Brennstoffen abzuhalten, während sie eine Überprüfung durchführen, die oft mehrere Monate dauern kann. Verschiedene Institutionen haben Divestment auf unterschiedliche Weise definiert, aber die Bewegung fordert die Beseitigung von Mitteln aus den Top 200 Unternehmen weltweit (100 Kohlefirmen und 100 Öl und Gas) nach ihren geplanten CO2-Emissionen und ihrer Reserven. Die Verpflichtung auf Investitionsabzug kann mit sofortiger Wirkung oder über einen festgelegten Zeitrahmen realisiert werden.

Als nächstes kommt die Frage der indirekten Investitionen: Diese sind viel schwieriger zu entfernen, weil sie in gemischten Fonds sind, die eine Mischung aus Vermögenswerten aus verschiedenen Konten ausmacht. Produkte, die fossil-kraftstofffreie Optionen anbieten, befinden sich derzeit in einer Minderheit. Investoren können sich mit Führungskräften oder Beratern über CO2-Risiko beschäftigen oder den Manager wechseln, die in der Lage und bereit sind, fossilfreie Konten zu erstellen. Das dauert viel länger; fünfjährige Zeitrahmen sind üblich. Andere Organisationen, wie die Universität von Sydney und eine Reihe von großen Pensionsfonds, haben den Weg der Dekarbonisierung eingeschlagen. Das bedeutet, dass sie sich verpflichten, die CO2-Emissionen aller Unternehmen in ihren Portfolios auszuschließen und nicht ausschließlich auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Die Vereinten Nationen haben auch eine Koalition von Investoren unterstützt, welche diesen Ansatz anwenden, diese Organisation nennt sich “Portfolio Decarbonization Coalition”.

Divestment ist eine extreme Maßnahme für einen Investor. Kommunikation mit dem Management der Zielfirma könnte in manchen Fällen effektiver sein, das Verhalten der Unternehmen zu beeinflussen. Eine der größten Anhänger von Divestment fossiler Energieträger in den Medien ist die britische Tageszeitung “The Guardian”. Zusammen mit der Organisation ShareAction betreibt die Zeitung ein Onlinetool für den Abzug von Rentenfonds von fossilen Industrien. Weitere Informationen über effektive Divestments finden Sie auf der Website von Fossil free Deutschland.

Bild: © convisum clipdealer.com

 

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