Wie niedrig ist Niedrigste?


Gesetze brauchen in der Regel klare Formulierungen, vor allem wenn es um Technik geht. Was man unter „Niedrigstenergiegebäude“ verstehen soll, ist im Artikel 2 der Richtlinie zu finden: „Niedrigstenergiegebäude - ein Gebäude, das eine sehr hohe, nach Anhang I bestimmte Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganz wesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen – einschließlich Energie aus erneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird – gedeckt werden;“
Dieser Absatz wirft allerdings neue Fragen auf: Wie nahe bei Null, soll der Energiebedarf liegen? Welche erneuerbaren Energiequellen sind erlaubt? Und wie nahe zum Standort sollen diese Energiequellen liegen?

In Deutschland sollten die konkreten Vorgaben des Standards Ende 2016 veröffentlicht werden. Bisher hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) diese weiter verschoben. Eine mögliche interpretation des Gesetzes ist eine europäische allgemeine Verpflichtung zu “Nullenergiegebäude” als ein Mindeststandard für Neubauten.  Dafür gibt es aber keine Garantie.
Mit der folgenden Festlegung der Mindestanforderungen, wird die Richtlinie etwas flexibler: „Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz festzulegen, die über die geschätzte wirtschaftliche Lebensdauer nicht kosteneffizient sind.” Daher wird es wahrscheinlicher, dass jeder Staat diesen Spielraum der Definition anders interpretiert.

Für bestehende Gebäude gilt die Richtlinie nicht, außer wenn „größere Renovierungsarbeiten“ vorgeplant sind. Dabei handelt es sich um Renovierungsmaßnahmen “die mit baulichen Änderungen an der Gebäudehülle verbunden sind” (EnEV 2014).
Ausnahmen der Richtlinie:

●    denkmalgeschützte Häuser
●    „Gebäude, die für Gottesdienst und religiöse Zwecke genutzt werden”
●    provisorische Gebäude, die nicht länger als zwei Jahren stehen sollen
●    „Wohngebäude, die weniger als vier Monate jährlich genutzt werden oder werden sollen”
●    frei stehende Gebäude, deren Gesamtnutzfläche kleiner als 50 m² ist


Teurer Bau - niedrige Nebenkosten

Laut der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen aus Kiel, sind Baukosten in Deutschland seit dem Jahr 2000 um etwa 40% gestiegen. 9% davon sind auf die steigenden Anforderungen im Bereich der Energieeffizienz zurückzuführen. Die Gemeinschaft rechnet mit einer weiteren Steigerung von 9%, durch weitere Verschärfungen der Anforderungen. Ähnliche Angaben sind auch in dem qder Baukostensenkungskommission, des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen, zu finden.
Das Fachportal EnEV-online geht von einer Steigerung der „Mehrkosten pro Wohngebäude von bis zu etwa 1,7 Prozent” aus, die durch die EnEV 2016 stattfindet. Aufgrund einer Standardisierung von Baueffizienzprodukten wird dort keine weitere Preissteigerung vorhergesagt. Die Mieten können zwar steigen, werden aber durch eingesparte Energiekosten der Nutzer langfristig kompensiert.
Je nach Präzisierung des Gesetzes können auch in manchen Fällen etwas andere Bedingungen entstehen. Einige Bauherren werden bei den Baukosten sparen und stattdessen in die direkte Erzeugung von erneuerbaren Energien für Strom und Wärme investieren. In dem Fall eines Biogas BHKWs  könnte es jedoch auch zu hohen Nebenkosten führen.

Mit Blick auf die Zukunft

In Deutschland soll Niedrigstenergiegebäude in einem Teil der EnEV integriert werden. Die Richtlinie fordert die Staatsbehörden dazu auf, zum Vorbild der Implementation dieses neuen Standards zu werden. Daher gilt die Pflicht für öffentliche Gebäude der Staat bereits ab 2019.

Zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, müssen der Energieverbrauch, sowie die Energieerzeugung eines Gebäudes transparent dargestellt werden. Gewichtete, nationale oder regionale Jahresdurchschnittswerte werden Teil der jährlichen Informationen des Primärenergieverbrauchs eines Gebäudes. Je nach der deutschen Interpretation der Richtlinie kann Energiemonitoring zur Pflicht werden. Interessant wird auch die zukünftige Rolle von neuen Stromspeichertechnologien. Damit wird ein hoher Grad an Autarkie, wie nie zuvor, ermöglicht. Ob die Technologie auch weiter gefördert wird, bleibt noch unklar.  

Derzeit richtet sich die Bundesregierung auf Gebäude mit einer hohen Auslastung von Photovoltaikstromanlagen, wie das Pluseffizienzhaus in Münnerstadt. Öffentliche Gebäude erreichen ihre maximale Energienutzung meistens tagsüber. Am sonnigen Tage werden sie daher den höchsten Grad an Autarkie erreichen. Häuser, die Solarthermie und Photovoltaik in einem Gesamtsystem kombinieren, werden ebenfalls zurzeit entworfen und geforscht. Ein Beispiel für ein bereits fertiges Nullenergiehaus des Umwelt Bundesamts finden Sie hier. In einer Liste der Beratungsunternehmen B.&S.U ist eine breite Auswahl an Niedrigstenergiehäusern zu finden. Diese Gebäude waren bereits ein Teil des Projektes “ Tage der offenen Tür in Niedrigstenergie-Gebäuden”.

Bei der Betrachtung der finanziellen Bundesmittel des KfW Förderprogramms „Energieeffizient Bauen“, ist eine deutliche Steigerung der Förderung sichtbar. In den Jahren bis 2005 wurden 1,4 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. In den Zeitraum 2006 bis 2011 war es bereit 7,8 Mrd. (1.54 Mrd. pro Jahr) und zwischen 2012 bis 2014 waren es 4,5 Mrd. Euro (2.25 Mrd. pro Jahr). Eine Energieberatung, sowie die passende Begleitung bei der Planung und dem Bauprozess, kann dazu führen, die Hilfsmittel am besten zu nutzen.

Trotz der neuen Anforderungen der EU bleiben Bestandsgebäude die größte Herausforderung für die Energiewende im Bereich Energiesparen. Laut der Mitteilung der Bundesregierung an die Kommission der Europäischen Union gab es im Jahr 2011 fast 40,5 Millionen Wohn-und Nichtwohngebäude in Deutschland. Fast 70% aller Wohngebäude und fast drei Viertel aller Wohnungen wurden vor 1978 gebaut. Am 1. November 1978 trat die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft und am 1. Februar 2002 die erste Energieeinsparverordnung. Seitdem liegt die Sanierungsrate bei etwa 1% für Gebäudehülle und bei 3% im Bereich Heizungsmodernisierung. Die Bundesregierung strebt danach, die Sanierung für den Gebäudewärmeschutz um jährlich 1 % zu verdoppeln.

Fazit und Zusammenfassung


Es ist noch unklar, was genau „Niedrigstenergiegebäude” gesetzlich bedeuten wird, aber dabei kann man eine Verschärfung der Anforderungen erwarten. Dazu stellt die Bundesregierung, wie vorher eine Reihe von Fördermitteln zur Verfügung.
Trotz der Preissteigerung hat die kommende Implementierung der Richtlinie zahlreiche Vorteile. Um die neuen Anforderungen zu erfüllen, ist eine umweltbewusste Bauplanung nötig. Außerdem gewinnt dabei die lokale und regionale Energieerzeugung an Bedeutung. Schließlich nimmt die energetische Unabhängigkeit von Europäischen Länder dabei zu. Der Umgang mit den hohen Anforderungen benötigt in Zukunft kompetente Energieberater, Ingenieure und Handwerker.

 

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