Aus dem Inhalt:
Kurzvorstellung Arno Rosel
eccuro: Hallo Herr Rosel, bitte stellen Sie sich doch kurz vor!
Arno Rosel: Seit über 30 Jahren plane ich mit meinem Ingenieurbüro für Versorgungstechnik energieeffiziente Anlagen. An der Fachhochschule Würzburg Fachbereich Architektur habe ich 10 Jahre als Lehrbeauftragter jungen Studenten Energiekonzeptionen und ganzheitliches Denken vermittelt. Im Jahr 2011/2012 habe ich mich zum zertifizierten Passivhausplaner für Wohngebäude und Nichtwohngebäude weitergebildet. Ganzheitliches Denken ist ein wichtiger Ansatz um die Herausforderungen unserer Zeit umzusetzen.
Was ist ein Passivhaus?
eccuro: Das Passivhaus ist ein Baukonzept, das heute vor allem im Neubau immer öfter umgesetzt wird. Können Sie kurz beschreiben was ein Passivhaus ist und worauf es dabei ankommt?
Arno Rosel: Ein Passivhaus hat durch bauliche und technische Maßnahmen einen Jahresenergieverbrauch für Heizung von max. 15 kWh/m² Wohnfläche. Das entspricht bei einem Einfamilienhaus ca. 200l Heizöl im Jahr. Dieses Passivhaus-Baukonzept ist die Grundlage für die Energiewende. Gebäude mit einem geringen Energiebedarf können in naher Zukunft zu 100% mit regenerativer Energie beheizt werden. Der Grundbestandteil eines Passivhauses ist ein hochwertiger Dämmstandard, eine dichte Gebäudehülle und ein Lüftungssystem mit hoher Wärmerückgewinnung
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Passivhaus und Altbausanierung
eccuro: Der Bau eines zertifizierten Passivhauses ist demnach mit sehr hohen Anforderungen verbunden. Können diese bei einer Altbausanierung technisch und wirtschaftlich überhaupt noch eingehalten werden?
Arno Rosel: Das Passivhaus ist vergleichbar mit dem Entwicklungspotential der Formel 1. Hierbei werden durch die Experten und die Industrie Bausteine entwickelt, umgesetzt und zertifiziert. Hochwertige Bauteile, wie Fenster, Wärmedämmsysteme, Solar-und Lüftungsanlagen können vom Neubau auf den Altbau transportiert werden. Durch eine Umsetzung von Einzelmaßnahmen in eine Serienfertigung optimiert sich das Preis / Leistungsverhältnis. Die Übertragung der Erfahrungen vom Neubau auf den Altbau ist eine Herausforderung, da jedes Gebäude unterschiedliche Voraussetzungen hat. Durch Standardisierung und Schaffung von aufeinander abgestimmten Systemen kann in Teamarbeit mit dem Architekten, Fachplaner, Handwerker und Hersteller die Passivhausvorgaben in vielen Bereichen erfüllt werden. Es sind bauphysikalische Kriterien, die Wirtschaftlichkeit und die Bedürfnisse der Bewohner mit einzubeziehen. Hierbei spornen uns die Zielvorgaben der Politik an. Ab dem Jahr 2020 werden nach den Festlegungen der europäischen Gesetzgebung nur noch Häuser gebaut, welche die Energie die sie verbrauchen selbst erzeugen.
Alternativen zum Passivhaus für die Altbausanierung
eccuro: In über 30 Jahren als Inhaber eines Planungsbüros haben Sie auch eine Reihe von Altbauten saniert. Gibt es dabei neben dem zertifizierten Passivhaus auch ähnliche Baustandards, die sich gut für eine effiziente Altbausanierung eignen?
Arno Rosel: Ja, die gibt es. Bei der Sanierung und beim Neubau steht der Mensch im Mittelpunkt. Wohnen hat mit Lebensqualität, Behaglichkeit, Gemeinsamkeit und Geborgenheit zu tun. Man muss sich in seinem Haus oder der Wohnung wohl fühlen. Es muss bezahlbar sein. Hierbei sind jedoch nicht nur die Miet- und Investitionskosten, sondern auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Durch ganzheitliche Betrachtungen werden Gebäude, die in den 50er Jahren erbaut wurden, saniert. Diese werden unter Beachtung von Schallschutz und Brandschutz, in funktionale Wohnbereiche mit großen Fensterflächen, guter Gebäudedämmung und effizienter Energieerzeugung umgebaut. Eine Balance zwischen dem Einsatz von effizienter Technik, Dämmmaßnahmen und Nutzungskomfort wir die Zukunft prägen. An kalten Tagen kurzzeitig einen Pullover zu tragen oder dem Knistern des Kaminofens zuzuhören kann das Lebens- und Wohngefühl positiv beeinflussen. Auch die Größe des Wohnbereiches, das Umfeld sowie die Entfernung zum Arbeitsplatz sind zu beachten. Sanierte Häuser mit minimierten Energieverbrauch bieten uns die Chance den Umstieg von fossiler Energie in das regenerative Zeitalter kontinuierlich zu gestalten.
Expertentipp zur Sanierung zum Passivhaus
eccuro: Mit Ihrer Erfahrung sind Sie Experte im Sanierungsbereich. Was raten Sie unseren Lesern dabei für eine effiziente und nachhaltige Altbausanierung?
Arno Rosel: Bei der Sanierung von Gebäuden steht der Mensch im Mittelpunkt. Durch eine ausgewogene ganzheitliche Sanierung erhöht sich die Lebens- und Wohnqualität. Den erhöhten Investitionskosten stehen langfristig minimierte Betriebskosten gegenüber. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Experten die notwendigen Vorgaben der Energiewende Schritt für Schritt umsetzen.
Fazit und Zusammenfassung
eccuro: Das passivhaus gleicht der Technik in der Formel-1 und besteht vom Fenster bis zur Heizung aus High-End-Bauteilen. Um die Voraussetzung des besonders niedrigen Energieverbrauchs auch im Altbau erreichen zu können, ist oft ein hoher Aufwand erforderlich. Wichtige Punkte dabei sind:
- Detaillierte Planung
- Hochwertige Bauteile
- Enge Zusammenarbeit von der Beratung über Planung bis zum Handwerk
Arno Rosel empfiehlt den Passivhausstandard auch in der Sanierung als Richtung vorzugeben, in der Umsetzung aber Wirtschaftlichkeit und Nutzerkomfort genauso zu betrachten. Eine ganzheitliche Sanierung verbindet dabei effiziente Technik mit sinnvollen Dämmmaßnahmen, angepasst an die Bedürfnisse der Nutzer. Wir bedanken uns recht herzlich bei Arno Rosel für den sehr guten Überblick zum Thema Passivhaus und Sanierung.
2 Kommentare
Alexander Rosenkranz 28.04.2015, 14:35
Gibt es dazu Beispiele, die zeigen wie sich die Investition finanziert?
Arno Rosel Ingenieurbüro 29.04.2015, 15:28
Hallo Herr Rosenkranz,
Eine ganzheiliche Sanierung in Anlehnung an den Passivhausstandard ist individuell auf die einzelnen Bauvorhaben abzustimmen. Hierbei ist die Betrachtung eines Passivhausstandard für Einfamilienhäuser, sowie für Geschosswohnungs- oder Gewerbebau differenziert zu betrachten. Ebenfalls sind diese Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen unter dem Gesichtspunkten Investitionsmehrkosten und dauerhafte Betriebskosten zu unterscheiden. Hierbei können die Investitionskosten relativ klar, in Abhängigkeit von den derzeitigen Zinsen und mit langfristiger Zinsbindung bewertet werden. Die Betriebskosten unterliegen jedoch den stark schwankenden Energiepreisen. In konkreten Bauvorhaben wurden deshalb, in Abstimmung mit den Nutzern Zwischenlösungen zwischen einem zertifizierten Passivhaus und einem energieeffizienten Haus gewählt.