Aus dem Inhalt:
Kurzvorstellung Philipp Mahr und awaju
eccuro: Hallo Herr Mahr, bitte stellen Sie sich und awaju doch kurz vor!
Philipp Mahr: Hallo! Mein Name ist Philipp Mahr. Ich bin in Berlin aufgewachsen und eine meiner ersten Berührungen mit dem Thema Energie war die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Ich war damals 7 Jahre alt und plötzlich durfte ich nicht mehr überall draußen spielen und es gab keine Pilze mehr.
Gute 20 Jahre später habe ich mein Studium als Technischer Informatiker abgeschlossen. Ich hatte schon immer einen Hang zu Technologie, aber auch geisteswissenschaftlichen Fragestellungen und das menschliche Verhalten – also warum wir uns so verhalten wie wir es tun - interessieren mich. Im Anschluss an mein Studium promovierte ich. Dort bin ich konkret mit dem Thema Energieeffizienz in Verbindung gekommen. Wir forschten zum Thema Gebäudeautomation und bauten ein System zur Messung und Steuerung elektrischer Verbraucher im Haushalt auf. Dabei lernten wir auch, dass es ein hohes Einsparpotential im Haushalt gibt, welches vergleichsweise einfach angezapft werden kann. Von Stand-By Verschwendung über Heizung runterdrehen bis zur Wasserkochernutzung gibt es viele Möglichkeiten einfach Energie zu sparen. Wie können wird das Einsparpotential im Haushalt anzapfen?
Das war das Grundproblem aus dem wir dann aus der Uni die awaju gegründet haben. Mit awaju machen wir das Thema Energie und Energieeinsparen für Privathaushalte greifbar und motivieren Einsparungen. Dabei kombinieren wir Web-Technologie und Empfehlungsalgorithmen mit psychologischen und spielerischen Ansätzen.
Energieeffizienz – Voraussetzung für die erfolgreiche Energiewende
eccuro: Die beste Energie ist die, die nicht verbraucht wird! Welche Bedeutung hat die Energieeffizienz für Sie im Kontext der Energiewende?
Philipp Mahr: Die Internationale Energieagentur (IEA) bezeichnet Energieeffizienz als ersten und wichtigsten Treibstoff. Die Investitionen in Energieeffizienz erreichten im Jahr 2012 mit 300 Milliarden US-Dollar den gleichen Wert wie die Investitionen in Stromerzeugung aus Gas, Kohle und Öl. Deswegen wird Energieeffizienz als erster Treibstoff bezeichnet.
In Deutschland wird Energieeffizienz teilweise noch als der schlafende Riese der Energiewende gesehen. Das heißt hier ist noch viel Potential zur Steigerung welches nicht ausgeschöpft ist. Im Rahmen der Energiewende wird Energieeffizienz aber als die zweite Säule bezeichnet und bekommt damit auch einiges an Stellenwert eingeräumt. Vom Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) über Energieberatungen bis zu Energieverbrauchskennzeichnungen gibt es viele Maßnahmen, die zu Energieeffizienzsteigerungen führen.
Ich denke im Vergleich Erneuerbaren oder Elektromobilität hat Energieeffizienz als Thema einfach das Nachsehen. Die PV Anlage auf dem Dach oder das Elektroauto ist für viel Menschen greifbarer und auch spannender als z.B. ein hydraulischer Abgleich der Heizung, Energiespartipps oder effiziente Hausgeräte.
Stromverbrauch spielerisch verstehen
eccuro: Energielabels helfen dabei elektrische Geräte als gut oder schlecht zu bewerten. Was das für das eigene Portemonnaie oder die Umwelt bedeutet ist vielen jedoch unklar. Wie gelingt es Ihnen mit awaju den Stromverbrauch sichtbar und transparent zu machen?
Philipp Mahr: An und für sich steht auf Energielabels für Hausgeräte ja wieviel Kilowattstunden sie verbrauchen und damit indirekt auch wie viel das Portemonnaie belastet wird oder was das für die Umwelt bedeutet. Allerdings ist das Energielabel in die Jahre gekommen und auch die Plusse, also zum Beispiel die Bezeichnung A+++ für einen Kühlschrank, schaffen oft Verwirrung. Glücklicherweise steht das Label vor einer Reform durch die EU. Das wurde nach 20 Jahren auch mal nötig und die neuen Labels werden das Verbraucherverständnis sicher stark verbessern.
Die Kilowattstunde ist für viele unverständlich. Sie ist schwer greifbar und der Bezug zu den Kosten pro Kilowattstunden ist auch nicht immer bekannt. Um den Stromverbrauch und damit die Kilowattstunden greifbar zu machen setzten wir auf Benchmarking und vergleichbare Metriken. D.h. wir setzen den Stromverbrauch in den Kontext vergleichbarer Haushalte und sagen den Nutzern dass Sie soundso viel Prozent mehr oder weniger Energie als die Vergleichshaushalte verbrauchen. Das hilft seinen Stromverbrauch besser zu verstehen und Ihn einzuschätzen.
Sichtbar machen wir den Verbrauch für einzelne elektrische Geräte. Z.B. indem wir Nutzer ganz klassisch dabei anleiten selbständig einzelne Verbraucher im Haushalt mit Hilfe eines Messgerätes zu überprüfen oder eben spielerisch unterschiedliche Verbraucher zu entdecken. Haben Sie schon mal versucht den Stromzähler zum Stilstand zu bringen oder Ihr elektrisches Gerät im Haushalt mit der höchsten Drehzahl bestimmt?
Energiespartipps ganz nebenbei
eccuro: Das Internet ist voll mit Strom- und Energiespartipps. In der breiten Öffentlichkeit sind trotz dessen viele unbekannt. Mit awaju verknüpfen Sie die Tipps über die Untersuchung von Geräten mit dem eigenen zu Hause. Wie wird das von Ihren Nutzern aufgenommen?
Philipp Mahr: Eine unserer wichtigsten Grundannahmen ist, dass Energie für die meisten Haushalte ein eher langweiliges Thema ist. Wir wollen mit unserer Lösung deswegen motivieren Energie einzusparen.
Wir präsentieren Nutzern dazu nicht eine lange Liste an Stromspartipps sondern personalisieren den Inhalt den ein Nutzer zu sehen bekommt so weit wie möglich. Dadurch bekommen Nutzer nur für sie relevante Spartipps und nicht eine Hand voll unspezifischer Tipps. Insgesamt bekommen wir sehr gute Resonanz zu unserer Web-Plattform. Nutzern gefallen besonders unsere Energiemissionen in denen wir Energie- und Nachhaltigkeitsthemen aufbereitet haben. Die Energiemissionen sind bei uns der Einstieg in die Energiewelt. Sie erfordern kein Vorwissen und der Nutzer muss auch nicht seinen Rechner verlassen. Wer tiefer in seinen Energieverbrauch einsteigen möchte, kann auch den Energieverbrauch einzelner Geräte angeleitet erfassen, Stromzählerwerte manuell erfassen oder seine Stromrechnung prüfen. Auch dabei nutzen wir Benchmarks und Metriken um die Kilowattstunde aufzubereiten. So Vergleichen wir einzelne elektrische Verbraucher zum Beispiel mit dem Toasten von Brotscheiben oder der Anzahl an Kilometern die man mit einem Auto mit der gleichen Energie zurücklegen kann.
Spielerisch können statt gesetzlich verpflichtet sein
eccuro: Die Energieeinspar-Verordnung ist ein Beispiel für die gesetzliche Verpflichtung zum Energiesparen. Sie schreibt vor wie ein Gebäude bei Bau oder Sanierung auszuführen ist, erklärt Verbrauchern aber nicht warum. Der spielerische Umgang mit Energie macht Effizienz dem entgegen greifbar. Wie schätzen Sie die Potentiale dieser Möglichkeiten ein?
Philipp Mahr: Spielen macht Spaß! Spielerische Ansätze haben schon heute ein breite Durchdringung am Markt – vom Bonusprogramm wie Miles & More wo möglichst viele Punkte gesammelt werden sollen bis zu Effizienzblume im Auto – die auf dem Display im Auto wachsen und blühen wenn das Fahrverhalten effizient ist.
Ich denke wir werden in Zukunft viele Anwendungen sehen, die Energieerzeugung, -verbrauch und -effizienz greifbarer machen und spielerische Komponenten aufweisen. Eine solche Anwendung kann zum Beispiel auch eine Sanierung und die sich daraus ergebenen Einsparungen erfahrbar machen, zum Beispiel durch ein Erkundungsspiel mit verschiedenen Level – vom Keller bis zum Dach.
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