Aus dem Inhalt:
Kurzvorstellung Florian Wohlfeil
eccuro: Hallo Herr Wohlfeil, bitte stellen Sie sich doch kurz vor!
Florian Wohlfeil: Als Handwerker war ich ca. 10 Jahre im Rohbau tätig. Bei meiner Fortbildung zum staatlich geprüften Bautechniker (Hochbau) wurde ich mit dem "Meisterpreis der bayerischen Staatsregierung" ausgezeichnet. Anschließend nahm ich eine Tätigkeit im Bauamt einer kleinen Stadt in Unterfranken auf, bei der ich unter anderem für Bauantragsprüfungen und Baurecht, Bürgerbetreuung und -beratung bei Bauanfragen, Bauunterhalt und Verwaltung der öffentlichen Liegenschaften, Planung und Bauleitung von Umbau- bzw. Sanierungsvorhaben verantwortlich war.
Nebenbei konnte ich meine Weiterbildung zum Energieberater (HWK) ebenfalls mit der Auszeichnung "Meisterpreis der bayerischen Staatsregierung" herausragend absolvieren. Letztendlich habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und bin nun hauptberuflich als Unabhängiger Gebäude-Energieberater tätig.
Mit den Themen "Energieberatung" und "Heizungsoptimierung" setze ich mich schon seit ca. 6 Jahren auseinander und konnte bei meinem beruflichen Werdegang schon reichlich Erfahrung in kleinen und großen Gebäuden auf diesen Gebieten sammeln. Seit Oktober 2014 bin ich nun auch Dozent bei der Handwerkskammer für Unterfranken - Kompetenzzentrum für Energietechnik für die Ausbildung der Energieberater (HWK) und der SHK-Meisterschüler.
Häufig auftretende Probleme bei der Sanierung
eccuro: Vor Ihrer Tätigkeit als Energieberater haben Sie bereits viele Bereiche am Bau erlebt und konnten den Bau- und Sanierungsbereich aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Gibt es dabei Probleme in der Koordination oder der Ausführung die besonders häufig auftreten?
Florian Wohlfeil: Durchaus. Ausführungsprobleme gibt es immer dort wo die Planung nicht konkret mit den Ausführenden abgesprochen wurde oder die Ausführung ohne eine gründliche Planung vorgenommen wird. Die Mentalität das "es schon immer so gemacht wurde" ist auch noch sehr stark verbreitet. Teilweise werden auch Konstruktionen errichtet die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und die Handwerker sich in ein großes haftungstechnisches Risiko begeben. Ich würde auch jedem Handwerker, welcher sich im Bereich der EnEV aufhält empfehlen, sich einen Energieberater für eine Kooperation zu suchen, welcher sich mit den immer wieder ändernden gesetzlichen Anforderungen auskennt.
Bei Innendämmungen die bauphysikalisch schwierig sind trifft man z.B. auf Konstruktionen die erhöhtes Risiko für Schimmelpilze darstellen. Meist sind diese zwar mit einem guten Gedanken zur Energieeinsparung aber ohne bauphysikalisches Fachwissen errichtet worden. Innendämmungen müssen sorgfältig geplant und ausgeführt werden, um Folgeschäden zu vermeiden.
Weiterhin ist die Abstimmung der Anlagentechnik und der Bauphysik ein großes Thema welches noch nicht hinreichend Beachtung findet. Sehr häufig werden zu große Kessel eingebaut und der hydraulische Abgleich nicht durchgeführt.
Auf was ist besonders zu achten bei der energetischen Sanierung
eccuro: Als Dozent am Kompetenzzentrum für Energietechnik in Würzburg, geben Sie Ihre Erfahrungen auch an andere Experten weiter. Ihre Schwerpunkte sind dabei unter anderem Bauphysik und Baukonstruktion. Auf welche Punkte sollten Sanierer bei eigenen Projekten besonders achten?
Florian Wohlfeil: Als wichtigster Punkt ist erst einmal der Feuchteschutz bzw. das Lüftungsverhalten zu nennen. Durch eine Energetische Sanierung erhöht man die Luftdichtigkeit des Gebäudes in einem großen Maße wodurch das Lüftungsverhalten angepasst werden muss. Wird dies nicht beachtet kann dies z.B. zu erhöhtem Feuchteanfall und daraus resultierenden Schimmelpilzwachstum führen.
Da sich der Mensch heutzutage ca. 90 Prozent in Innenräumen aufhält, sollte eine Investition in eine lüftungstechnische Maßnahme also nicht aus wirtschaftlicher sondern aus gesundheitlicher Sicht betrachtet werden.
Als weiterer wichtiger Punkt sollten die Maßnahmen sinnvoll aufeinander abgestimmt sein. Bei einem Fensteraustausch sollte man z.B. immer darauf achten, welche bauphysikalischen Werte die Wand hat und wie man die Wärmebrücken an den Anschlussstellen optimieren kann.
Letztendlich müsste die Anlagentechnik inkl. der Verteilung (hydraulische Abgleich) auf die reduzierte Heizlast des Gebäudes eingestellt werden, damit auch die gewünschten Einspareffekte eintreten können. Hierfür wäre es wichtig, dass eine detaillierte Heizlast nach DIN EN 12831 und der notwendige hydraulische Abgleich berechnet werden. Von Handwerkern mit pauschalen Aussagen zur Kesselgröße sollte sich ein Kunde distanzieren. Die Praxis zeigt deutlich, dass die Kessel auch heute noch weit überdimensioniert werden. Erst mit einer Berechnung kann eine genaue Kesselgröße bestimmt und eine zukunftsfähige energieeffiziente Anlage errichtet werden. Schließlich sollte die Heizung dem Haus und nicht das Haus der Heizung angepasst werden.
Welche Tipps geben Sie Sanierern
eccuro: Der Bereich der Sanierung ist sehr vielschichtig und wird ohne entsprechende Ausbildung und Erfahrung schnell unüberschaubar. Was raten Sie unseren Lesern, um Probleme bei eigenen Sanierungs-Projekten von Anfang an auszuschließen und energetisch sowie wirtschaftlich das Optimum aus ihren Gebäuden zu holen?
Florian Wohlfeil: Als ersten Schritt würde ich empfehlen einen unabhängigen Experten zu Rate zu ziehen. Eine 2 stündige Erstberatung kostet nur ca. 150,- € netto und ist ein sehr guter Einstieg für eine geplante Maßnahme. Eine Sanierung zu einem energieeffizienten Gebäude ist ein komplexer Prozess, welcher durch die verschiedensten Anforderungen aus gesetzlicher, bauphysikalischer und anlagentechnischer Sicht nur durch einen Berater mit enormen Gewerke übergreifenden Fachwissen im Detail geplant werden kann. Ein unabhängiger Experte kann zudem noch verschiedenste Fördermittel aufzeigen bzw. beantragen welche in Anspruch genommen werden können. Dies führt nicht nur bei Komplettsanierungen dazu, dass die Kosten des Experten zu 100% durch zusätzliche Zuschüsse abgedeckt sind und der Verbraucher einen Ansprechpartner in allen Belangen der energetischen Sanierung zur Seite stehen hat. Ein wichtiges Instrument der energetischen Sanierung bilden außerdem die wohnwirtschaftlichen Programme der KfW Förderbank oder die Zuschussprogramme des Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Ein sehr gutes Programm für eine umfassende Analyse seines Gebäudes ist die bezuschusste Vor-Ort-Beratung des BAFA welche mit erhöhten Zuschüssen ab 01. März 2015 in Anspruch genommen werden kann. Zugelassene Berater hierfür finden Sie in der Energieeffizienz-Expertenliste mit dem Zusatz "Unabhängige Vor-Ort-Beratung(BAFA)"
Zusammenfassung und Ausblick
Florian Wohlfeil ist unabhängiger Energieberater mit langjährigen Erfahrungen in unterschiedlichen Bereichen der Bau- und Sanierungsbranche. Häufige Ursachen für Probleme bei energetischen Sanierungen sind dabei das Fehlen einer gründlichen Planung und eine ungenügende Abstimmung zwischen Planern und Handwerkern. Als besonders wichtig, nennt er auch die Abstimmung von Anlagentechnik und Gebäudehülle. Zu große und damit uneffiziente Kessel sind auch heute noch keine Seltenheit.
Als besonders wichtigen Faktor in einer energetischen Sanierung, nannte der mit dem Meisterpreis der bayrischen Staatsregierung ausgezeichnete Energieberater (HWK), den Feuchteschutz bzw. das Lüftungsverhalten für hygienische Luftverhältnisse und zum Schutz vor Schimmelbildung. Zusätzlich sollte bei allen Maßnahmen an der Gebäudehülle auf eine fachgerechte Ausführung von Bauteilanschlüssen geachtet werden um Wärmebrücken zu vermeiden. Da sich bei Dämmung oder Fenstertausch die Energieverluste verringern, muss auch die Verteilung der Heizungsanlage an den geringeren Bedarf angepasst werden. Möglich ist das über einen hydraulischen Abgleich.
Folgende Punkte sollten bei einer Sanierung unbedingt beachtet werden:
- Lüftungsverhalten und Feuchteschutz
- Vermeiden von Wärmebrücken bei Maßnahmen an der Fassade
- Anpassen der neuen Heizung an die Gebäudeeigenschaften
- Anpassen der Heizungsverteilung über einen hydraulischen Abgleich an den geringeren Wärmebedarf
Durch die große Komplexität und häufige Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen rät Florian Wohlfeil unbedingt zur Beratung durch einen unabhängigen Energieberater, zum Beispiel der KfW-Energieeffizienz-Expertenliste. Achten Sie als bei der Qualifizierung der Experten auf den Zusatz „Unabhängige Vor-Ort-Beratung(BAFA)“ oder „BAFA-Energieberater“
Wir bedanken uns recht herzlich für die vielen wertvollen Informationen bei Florian Wohlfeil. Alle Informationen zu Herr Wohlfeil finden Sie hier, im eccuro Expertenverzeichnis.
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