Arten der Abwasserwärmerückgewinnung
Aus dem Inhalt:
Heute gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, die Energie aus dem Abwasser nutzbar zu machen. Experten unterscheiden dabei die Abwasserwärmerückgewinnung im Kanal, die Gebäude- und die objektgebundene Wärmerückgewinnung. Wichtig zu wissen ist, dass alle Systeme mit einer stofflichen Trennung arbeiten. Das heißt, dass es in keinem Fall zu einer Übertragung von Schadstoffen oder Gerüchen auf das Trinkwasser kommen kann.
Abwasserwärmerückgewinnung in der Kanalisation
In der Kanalisation fließt Abwasser je nach Jahreszeit mit Temperaturen von 10 bis 20 Grad Celsius bis zum Klärwerk. Ist der Durchfluss groß genug, lässt sich seine Wärme technisch nutzen. Und zwar in neuen und bestehenden Kanalsystemen. Erforderlich sind dazu Wärmeübertrager, die ein Wärmeträgermedium am Abwasser vorbeiströmen lassen. Die Komponenten lassen sich dabei in die Kanalrohre integrieren oder nachträglich in diesen installieren. Das hindurchströmende Wärmeträgermedium (Wasser oder Sole) nimmt Wärme des Abwassers auf, wodurch seine Temperatur ansteigt. Anschließend strömt das Medium zu einer Wärmepumpe, die das Temperaturniveau technisch anhebt und die Energie zum Heizen nutzbar macht. Wie das im Detail funktioniert, erklären wir im Beitrag zur Funktion der Wärmepumpe. Einsetzen lässt sich die Heizwärme dann zum Beispiel in Nah- oder Fernwärmenetzen, die mehrere Gebäude mit Energie versorgen.
Übrigens: Damit sich die Abwasserwärmerückgewinnung lohnt, ist ein entsprechender Mindestdurchfluss im Kanal vonnöten. Experten empfehlen, diese Art der Wärmerückgewinnung in Gemeinden beziehungsweise Kanälen mit mindestens 5.000 Haushalten oder Anschlüssen.
Gebäudezentrale Wärmerückgewinnung aus Abwasser
Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch die gebäudezentrale Abwasserwärmerückgewinnung. Hier gewinnt eine Wärmepumpe überschüssige Energie aus einem Abwasserspeicher oder einer Sammelgrube. Der Puffer ist dabei nötig, um trotz geringer Abwassermengen kontinuierlich Energie entziehen zu können. Die von der Wärmepumpe gewonnene Heizwärme lässt sich anschließend auf das Heizsystem übertragen und zur Raumheizung sowie zur Warmwasserbereitung nutzen. Eine Kombination mit anderen regenerativen Energiequellen wie der Solaranlage für Warmwasser ist möglich und sinnvoll.
Übrigens: Eine Wärmepumpe kann die Wärme des Abwassers nur dann effizient zum Heizen nutzen, wenn sich das Haus mit niedrigen Vorlauftemperaturen beheizen lässt. Das setzt einen hohen Wärmeschutz und große Heizflächen voraus. Im besten Falle arbeitet die Abwasser-Wärmepumpe mit einer Flächenheizung, wie der Fußbodenheizung.
Hausinterne Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser
Hausintern ermöglichen kleine Wärmetauscher die Abwasserwärmerückgewinnung. Sie befinden sich dazu an der Fallleitung oder direkt am Abwasseranschluss von Duschen und werden vom Kaltwasser (Trinkwasser) durchströmt. Beim Duschen fließt das heiße Wasser durch den Wärmetauscher ab. Letzterer nutzt die überschüssige Wärme, um zeitgleich das frische Trinkwasser vorzuwärmen. Dieses gelangt mit höheren Temperaturen zur Mischbatterie, wodurch der Kessel weniger warmes Brauchwasser zur Verfügung stellen muss. Während die Technik einfach aufgebaut ist und zuverlässig funktioniert, hat sie doch Nachteile. Denn im Abschnitt zwischen dem Wärmeübertrager und der Mischbatterie kann das warme Wasser stagnieren. Das begünstigt die Vermehrung von Legionellen und stellt somit eine Gefahr für die Trinkwasserhygiene dar.
Übrigens: In Deutschland sind diese Geräte zur Abwasserwärmerückgewinnung nicht erlaubt. Denn die Trinkwasserverordnung verbietet es, Kaltwasser auf Temperaturen von mehr als 25 Grad Celsius aufzuheizen.
Wann lohnt sich die Technik in der Praxis?
Ob sich die Abwasserwärmerückgewinnung lohnt, lässt sich nicht pauschal beurteilen. Grundsätzlich ist die Restwärme im Abwasser hoch, wenn viele Anschlüsse vorhanden sind. Letztere gehen mit einem erhöhten Wärmebedarf einher, wodurch Energieangebot und Energienachfrage grundsätzlich gut zusammenpassen. Geht es darum, die Abwasserwärme im großen Stil sinnvoll zu nutzen, funktioniert das in der Regel mit einem Nah- oder Fernwärmenetz. Sind die Voraussetzungen günstig, ist die Abwasserwärmerückgewinnung wirtschaftlich.
Übrigens: Laut einer Studie der Universität Stuttgart lassen sich rund 80 TWh Energie aus dem häuslichen Abwasser zurückgewinnen. Das reicht theoretisch aus, um jedes zehnte Gebäude in Deutschland mit Energie zu versorgen. Noch größere Potenziale liegen in gewerblichen Abwässern, die häufig um einiges wärmer und aufwendig zu kühlen sind.
Beispiele zur Abwasserwärmerückgewinnung
Im großen Stil kommen heute immer mehr solcher Systeme zum Einsatz. So zum Beispiel im Stuttgarter Neckarpark, in dem Wärme über die Betonrohre aus dem Abwasser gewonnen wird. Hier kommen hohe Abwassermengen und energieeffiziente Neubauten zusammen, weshalb sich die Abwasserwärmerückgewinnung als wirtschaftliche und umweltfreundliche Möglichkeit der Wärmeerzeugung erweist.
In Einfamilienhäusern und kleineren Mehrfamilienhäusern sind heute überwiegend Testanlagen im Einsatz. Sie gewinnen bis zu 80 Prozent der im Abwasser enthaltenen Wärme zurück, um damit einen Teil des Wärmebedarfs von Niedrigenergie- und Passivhäusern zu decken.
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